Die Parteihochschule der SED - ein kritischer Rückblick |
Inhaltsangaben
Geschichte und Politik der KPdSU als Lehrfach an der Parteihochschule ‚Karl Marx’
„... es kommt darauf an, sie zu verändern.“
Im Betrag wird eine für die philosophische Lehre an der Parteihochschule bedeutsame Episode geschildert. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU und der dort geübten Kritik am Personenkult Stalins wurden zwar an der Parteihochschule seine Schriften aus den Literaturlisten gestrichen, aber eine ernsthafte inhaltliche Auseinandersetzung mit seinen dogmatischen Verzerrungen des marxistischen Gedankengefüges wurde von der Leitung der Hochschule im Prinzip nicht betrieben. Das erfolgte in der Regel in den Lehrstühlen und bei den Philosophen um so mehr, je intensiver sich eine Gruppe junger Nachwuchswissenschaftler mit den Schriften Hegels und der Entstehungsgeschichte der marxistischen Philosophie befasste. Dabei wurde eine grundlegende Korrektur der bislang auf Stalins Schrift „Über dialektischen und historischen Materialismus“ beruhenden Darstellung der marxistischen Philosophie erreicht. Das waren keine bloßen „Denkversuche“, denn fortan standen nicht mehr ein abstraktes Kategoriensystem und ein damit verbundener Kanon von Verhaltensregeln, sondern der Mensch mit seinen vielfältigen Beziehungen zur Welt, die gesellschaftlich Praxis, im Zentrum der philosophischen Lehre und Forschung.
Das gab es auch:
Ein interessantes Forschungsprojekt mit bemerkenswerten Ergebnissen
Erfahrungen eines Lehrstuhlleiters
Der
Lehrstuhl "Kulturpolitik der SED" unterschied sich aber von anderen
nicht nur durch den spezifischen Inhalt seines Lehrprogramms, sondern auch durch
die Methoden seiner Vermittlung. Der Frage, was Kunst ist und wie die Bündnispolitik
mit den Künstlern im Sozialismus beschaffen sein muss, wurde - neben
kulturtheoretischen und bildungspolitischen Fragen - im Lehrplan viel Raum
gegeben. Das schloss viele Veranstaltungen außerhalb des Unterrichts ein, die
Begegnungen mit Kunstwerken und ihren Schöpfern brachten und die Studenten und
Studentinnen anregen sollten, am kulturellen Leben Berlins teilzunehmen.
Der
Beitrag schildert die Schwierigkeiten der Arbeit auf diesem Gebiet und dass
dabei auch Fehlschläge weggesteckt werden mussten. Er zeigt aber auch, welchen
Reiz diese Arbeit fur Lehrer und Studenten hatte und wie viele schöne
Erlebnisse damit verbunden waren.
In lebendiger Darstellung gibt der Autor den Blick auf das innere Leben der Parteihochschule frei auf das Verhältnis zwischen Lehrern und Studenten, auf das Wirken der Rektoren und ihren Leitungsstil. Er führt seine Darstellung bis zum Ende des Sonderparteitages der SED im Dezember 1989.
Wachowitz, Heinz , Möller, Uwe – unter
Mitwirkung von Edgar Karsch und Eckbert Krappe
Wie wir den Kapitalismus einschätzten - und wie wir ihn heute sehen. Zur Arbeit des Lehrstuhls Politische Ökonomie des Kapitalismus
Es wird gezeigt, wie bei aller Richtigkeit unserer Einschätzung bestimmter Einzelheiten in der Entwicklung des Kapitalismus die Gesamtprozesse nicht richtig verstanden, die Lernfähigkeit des Kapitalismus und seine noch vorhandenen Entwicklungsmöglichkeiten sträflich unterschätzt wurden. Die Verfasser gehen von dem Standpunkt aus, dass der Kapitalismus noch immer dabei ist, die Welt zu ergreifen und nach seinem Bilde zu formen und – mit unter dem Einfluss der Oktoberrevolution und ihrer Folgen – dabei in eine neue Etappe eingetreten ist: die der kapitalistischen Globalisierung.
Die Verfasser bemühen sich, diese Etappe zu charakterisieren, ihre Zwiespältigkeit zu zeigen und besonders auf bestimmte soziale Folgen für die alten kapitalistischen Länder aufmerksam zu machen. Es wird außerdem versucht, Ansätzen sozialistischer Entwicklungen in der gegenwärtigen Welt nachzuspüren und auf mögliche Alternativen zu verweisen.
Die Arbeitsgruppe bzw. der Lehrstuhl Politische Ökonomie des Sozialismus an der Parteihochschule „Karl Marx” in den 60er und 70er Jahren
Die Arbeit des Lehrstuhls Politische Ökonomie des Sozialismus wurde auch im betrachtetem Zeitraum weitgehend durch die Forderung der Hochschulleitung bestimmt, in Lehre, Forschung und Publikation stets von einer engen Verbindung der Theorie mit der Wirtschaftspolitik der SED auszugehen. Daraus ergab sich für die Mitarbeiter des Lehrstuhls die Konsequenz, schnell und deutlich sichtbar auf die Parteibeschlüsse und innerparteiliche Auseinandersetzungen zu reagieren. Besonders klar wurde das im Zusammenhang mit der Ablösung Walter Ulbrichts als Erster Sekretär des ZK der SED und der faktischen Zurücknahme des Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung (NÖS) und des Buches „Politische Ökonomie des Sozialismus und ihre Anwendung in der DDR“ durch den VIII. Parteitag der SED (1971).
Ware-Geld-Beziehungen und Wertgesetz im Sozialismus
Ein persönlicher Bericht
In
dem Artikel wird ein Beitrag geleistet, die umstrittenen Ware-Geld-Beziehungen
mit dem Wertgesetz unverfälscht in ihrer Bedeutung für den Sozialismus
darzustellen, Licht und Schatten diesbezüglich zu analysieren und Ausblicke auf
eine künftige sozialistische Marktwirtschaft zu geben.
Am Beispiel des Autors wird dabei zugleich gezeigt, wie Wissenschaftler der PHS durchaus schöpferische Arbeit leisten und sich in die Reihe führender Wissenschaftler einreihen konnten. Es gab das Phänomen, dass es sich an der PHS viel freier forschen als lehren ließ. Hier – wie in an deren Artikeln – wird deutlich, dass sich die PHS durchaus mit staatlichen Hochschulen im wissenschaftlichen Niveau zu messen vermochte.
Zur Struktur und Arbeitsweise des Lehrstuhls Ökonomik der Industrie
Die
Autoren widerspiegeln Erfolge und Probleme in der Entwicklung der Industrie der
DDR und veranschaulichen, warum und wie die Befähigung der Studenten zur
Beherrschung des marxistischen Wissens gepaart mit den Fähigkeiten zur Analyse
sowie zur Lösung von anstehenden Aufgaben im Mittelpunkt der Lehrtätigkeit
standen. Sie zeigen auch die sich daraus ergebenden Konsequenzen für neue Wege
in der Lehr- und Studienarbeit, in der Verbindung von Theorie und Praxis.
Aus der gemeinsamen Sicht des Lehrstuhls und einer großen Zahl von erfahrenen Praktikern werden Ansatzpunkte entwickelt, wie der wissenschaftlich-technische Fortschritt hätte noch wirkungsvoller beschleunigt werden können. Die Verfasser machen darauf aufmerksam, dass sie eine Reihe wesentlicher ökonomischer und sozialer Prozesse, die zu einer neuen Qualität sozialistischen Wirtschaftens hätten führen können, erkannt, aber deren Inhalte, wechselseitige Verflechtungen und komplexen Folgerungen für die gesellschaftliche Entwicklung nicht mit aller Konsequenz bis zur Ende durchdacht haben.
Durak,
Günter; Wachowitz, Heinz
Über den genossenschaftlichen Weg der Bauern zu einer modernen Landwirtschaft
Es wird begründet, warum es an der PHS einen besonderen Lehrstuhl zur Agrarpolitik und Agrarökonomie gab. Der in Westdeutschland beschrittene Weg über den „Familienbetrieb“ und der genossenschaftliche Weg zu einer modernen Landwirtschaft werden einander gegenübergestellt, ihre Vorzüge und Nachteile werden abgewogen. Es wird auch darauf verwiesen, dass der Weg über den Familienbetrieb die Probleme der Anpassung der Landwirtschaft an die Erfordernisse der Gegenwart nicht endgültig zu lösen imstande ist.
unter Mitarbeit von Harry Milke, Eckhard Loth und Frank Szrama
Zur Arbeit des Lehrstuhls Lehre von der marxistisch-leninistischen Partei, dem Parteileben und dem Parteiaufbau
Der
Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Fachgebietes an
der Parteihochschule, besonders seit der Neuformierung des Lehrstuhles 1976.
Dargestellt werden Probleme der Bestimmung der Spezifik dieses Lehrfaches sowie
einige wesentliche Inhalte der Lehr- und Forschungstätigkeit, näher erläutert
wird die Arbeit von Forschungsgruppen im Lehrstuhl.
Aus dem Spannungsverhältnis von Orientierung auf die Erfüllung der Beschlüsse der SED einerseits und sich aus der Forschungsarbeit ergebenden Fragestellungen andererseits ergaben sich Konfliktsituationen für die Lehrer, die insbesondere anhand der „führenden Rolle der Partei“ und dem „demokratischen Zentralismus“ erörtert werden.
Zur Arbeit des Thälmann – Instituts (Institut für Ausländerstudium) der Parteihochschule der SED
Am Institut für Ausländerstudium haben zwischen 1963 und 1990 über 2000 Frauen und Männer aus 67 Ländern studiert. Sie waren von kommunistischen Parteien und später immer stärker auch von anderen linken Parteien und revolutionären Organisationen an die Parteihochschule delegiert worden. Diese Studenten erhielten eine gründliche Ausbildung in politischer Ökonomie, historischem und dialektischen Materialismus, in Geschichte und Revolutionstheorie. Fester Bestandteil der Ausbildung war ein systematisches Bekannt machen mit der DDR als Gegenentwurf zum kapitalistischen System. Die ausländischen Studenten lernten eine Gesellschaft kennen, in der nicht Profitgier und Egoismus das Klima bestimmten, in der – trotz aller Probleme – ein hohes Maß von sozialer Gleichheit und zwischenmenschlicher Solidarität erreicht war.
Parteihochschule im Umbruch
Es wird dargestellt, wie sich die widersprüchliche und komplizierte Situation im Herbst 1989 an der Parteihochschule widerspiegelte. Anhand persönlicher Aufzeichnungen werden Ereignisse aus dem Zeitraum von Oktober bis Dezember 1989 in Erinnerung gerufen. Im Jahre 1990 war die Arbeit auf die ordentliche Weiterführung der Lehraufgaben konzentriert, gleichzeitig wurden Forschungsarbeiten zur Analyse der sich rasch verändernden Situation geleistet. Daneben gab es mehrere parallel arbeitende Gruppen, die unterschiedliche Pläne für Vorhaben entwickelten, in denen Mitarbeiter der Parteihochschule nach deren absehbaren Ende eine Perspektive finden konnte. Die Parteihochschule beendete ihre Tätigkeit schließlich on organisierter Weise am 30. Juni 1990.
Wachowitz,
Heinz; Dippe, Achim; Durak, Günter
Worin wir die Ursachen unseres Scheiterns sehen
Die Verfasser versuchen nicht, „endgültige Wahrheiten“ zu entdecken, aber sie packen ein äußerst kompliziertes und komplexes Thema an, dessen Bewältigung für zukünftige Kämpfe von eminenter Bedeutung ist. Sie gehen von einem marxistischen Standpunkt aus, bewegen sich undogmatisch und schreiben verständlich.
Sie
lassen unentschieden, ob unser gescheiterter Sozialismusversuch in Europa später
einmal aus historischer Sicht als „Frühsozialismus“ bewertet werden könnte
und ob er letzten Endes doch vielleicht aus der Unentwickeltheit der Bedingungen
heraus scheitern musste. Wenn der Sieg im Wettkampf der Systeme jedoch überhaupt
möglich gewesen wäre, dann haben ihn nach Meinung der Verfasser vorwiegend
eigene Fehler verhindert: Das ganze ökonomische und das politische System
(Staat, vor allem Partei) hätte spätestens nach Stalins Tod gründlich geändert
werden müssen.
In diesem Zusammenhang werden relativ neue Gedanken über ein anderes mögliches, ebenso wie die „Planwirtschaft“ sowjetischer Prägung aus dem Staatskapitalismus hervorgehendes ökonomisches System geäußert, das wahrscheinlich bei künftigen Bemühungen zurückgebliebener Länder, den ökonomischen Stand der entwickeltesten kapitalistischen Länder einzuholen und schließlich selbst die Weltspitze zu bestimmen, mehr Aussicht auf Erfolg haben könnte. Erst von der Spitzenposition aus kann ihrer Ansicht nach heutzutage der eigentliche Aufbau der sozialistisch/kommunistischen Gesellschaft beginnen.